Weniger Kinder und Jugendliche verreisen in den Ferien
Krise und Wegfall von Förderung sind die Ursachen für weniger
Kinder-Ferienreisen.
Kinder und Jugendliche reisen in den Ferien gern
ohne Eltern. Nach Analysen des Leipziger Institutes für empirische
Forschung LEIF reisten im vergangenen Jahr 525-tausend ostdeutschen Kinder
und Jugendlichen im Alter von 12 bis 18 Jahren ohne Eltern in den Ferien.
Nach Jahren des Anstiegs der Reisen in diesem Segment war 2003 erstmals
ein starker Rückgang bei Kinder und Jugendreisen zu beobachten. Es reisten
128-tausend Kinder und Jugendliche weniger in den Ferien.
Das Leipziger Institut für empirische Forschung LEIF
ermittelt diese Ergebnisse auf der Basis verschiedener repräsentativer
Bevölkerungsumfragen.
„Ein starker Rückgang ist vor allem bei den Reisen in
Ferienlager bzw. Feriencamps zu verzeichnen.", erklärt LEIF-Chef, Dr.
Harald Schmidt. 25 % der verreisten Kinder und Jugendlichen hatten 2003
eine Reise in ein Feriencamp unternommen. Im Jahr zuvor waren es noch 39
%. Viele Ferienreiseanbieter bekamen diesen Rückgang deutlich zu spüren.
Der Leipziger Soziologe sieht verschiedene Ursachen für
diesen Rückgang: „Viele Familien haben weniger Geld. Die öffentlichen
Zuwendungen für gestützte Kinder- und Jugendreisen werden reduziert. LEIF
stellt fest, dass 2003 nur noch 3 % der Kinder eine sozial gestützte
Ferienreise unternehmen konnten. 2002 waren es noch 10 % der verreisten
Ferienkinder. Außerdem gibt es hinsichtlich der Preise zu wenig
differenzierte Angebote. Weniger teure Reiseangebote sind entweder
unbekannt oder es gibt sie zu selten. Betroffen sind vor allem die sozial
schwachen Familien. Denn in anderen Segmenten gibt es bei den Kinder- und
Jugendreisen keinen Rückgang oder sogar einen Zuwachs." Zum Beispiel
wachse der Anteil der relativ teuren Sprach-reisen. 14 % der Kinder und
Jugendlichen verbesserten auf einer derartigen Reise 2003 ihre
Sprachkenntnisse. Im Jahr zuvor (2002) hatte der Anteil nur 5 % betragen.
Eltern mit gutem Einkommen sind nach wie vor stark an Reisen ihrer Kinder
interessiert. Nach Forschungen des LEIF-Institutes sind seit vielen Jahren
Aufenthalte in Spezialcamps, in denen junge Gäste ihre speziellen
sportlichen musischen oder naturwissenschaftlichen Fähigkeiten
vervollkommnen, gefragt. (Der Rest der
jungen Touristen reist individuell zu oder mit Freunden und Bekannten.)
Freizeitforscher Schmidt blickt wenig optimistisch in
die Zukunft. „Der rückläufige Trend bei Reisen in Feriencamps kann sich
dieses Jahr fortsetzen, denn die soziale Situation verschärft sich."
„Ein schleppendes Buchungsverhalten im Jahr 2004"
erkennt auch Mathias Kober, Presse-Chef eines der gröszlig;ten
Ferienlageranbieter Sachsens, der Kinder- und Jugenderholungszentren
Sachsen e. V. (KiEZ). Die sechs Kinder- und Jugenderholungszentren in den
schönsten Ferienregionen Sachsens konnten bisher jedes Jahr in den
Schulferien mehr als 9-tausend junge Gäste begrüßen. Kober bedauert den
Wegfall der Förderung der Ferienlager in Sachsen, Sachsen-Anhalt,
Thüringen und anderen Bundesländern. Dadurch müssten die Preise für einen
Ferienlagerplatz angehoben werden. Das bedeute für viele Familien in
Ostdeutschland ein Verzicht auf eine Reise ihrer Kinder in ein Feriencamp.
Dabei entspricht das Produkt der KiEZ vielen Wünschen
der jungen Altersgruppen: „Die Kinder- und Jugenderholungszentren in der
Sächsischen Schweiz, im Vogtland, im Erzgebirge, in der Oberlausitz und in
der Muskauer Heide bieten mit ihren Ferienlagern ein breites
Themenspektrum an; zum Beispiel ’Reisen in die unendlichen Weiten des
Weltalls’, nach ’Hollywood’, ’Spaß im Kabarett’, Abenteuer-, Reit-,
Musik-, Computer-, Radiomacher-, Sprach-, Spaß-, Tanz-, Schwimm-,
Kreativ-, Piraten- oder einfach Erholungscamps. Auch so genannte
„Schnupperaufenthalte für jüngere Kinder – sozusagen Feriencamps zum
testen – gibt es. Die Preise der Ferienaufenthalte liegen zwischen 115 bis
und 255 € bei einem Aufenthalt von 5 bis 10 Tagen."
Der Verzicht auf Reisen im Kinder und Jugendalter habe
nach Ansicht des Leipziger Soziologen Dr. Schmidt einen defizitären
Einfluss auf die Entwicklung junger Persönlichkeiten. „Reisen im Kinder-
und Jugendalter bilden nicht nur, sondern prägen sehr stark das
Sozialverhalten und fördern die Selbständigkeit.
Bei den Ferienreisen ohne Eltern sei weniger das
Reiseziel wichtig. Priorität genieße vielmehr das Zusammensein mit
Gleichaltrigen. Losgelöst von den Eltern wollen die heutigen Teenager die
’Welt erfahren‘ .
Wir wissen aus der Forschung, dass mehr als 90 % der
Kinder und Jugendlichen in den Ferien mit Altersgefährten zusammen sein,
Kommunizieren und Kontakte knüpfen wollen. Die Anbieter von Feriencamps
sind zudem wichtige Arbeitgeber in den Ferienregionen.", erklärt der
Leipziger Freizeitforscher.
veröffentlicht: 07. Juli 2004
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